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Hygienisches Institut der Charité Berlin, ©Philipp Bernstorf

Hygienisches Institut der Charité Berlin

Artikel aus 01|2020


Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Charité Berlin

Gebäude, die im Stil des Brutalismus gebaut wurden, findet man auf der ganzen Welt. Der Name leitet sich vom französischen Wort „brut“ ab, das so viel wie roh oder unbearbeitet bedeutet. Gemeint ist damit die konsequente Verarbeitung von Sichtbeton als Gestaltungsmittel. In den Jahren 1955 bis 1979 war es Ausdruck einer Sachlichkeit, die uneitel und ehrlich der reinen Konstruktion huldigte.

Architektonische Gegensätze am alten Dorfkern von Lichterfelde

Fährt man den Hindenburgdamm in Richtung Steglitz, findet sich in Höhe des alten Dorfkerns das Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Charité Berlin. Angepasst an das leicht abfallende Gelände zum Teltowkanal entstand hier von 1969 bis 1974 ein wissenschaftliches Gebäude, welches sich als Großbauwerk in das vorstädtische Stadtbild von Lichterfelde ebenso einfügen musste, als auch den hohen Anforderungen von Forschung und Lehre gerecht werden musste. Neben den komplexen technischen Ausstattungen mit hochwertigen Geräten waren die Anlage eines Hörsaales für rund 400 Studenten, ein Kurssaal und zahlreiche Labors unterzubringen.

Wie der Turm eines U-Bootes ragt das Treppenhaus heraus

In fünfjähriger Bauzeit schufen die Architekten Hermann Fehling (1909 – 1996) und Daniel Gogel (1927 – 1997) den Bau für rund 33 Millionen DM. Die hohe Qualität des Sichtbetons und die sorgfältige Ausführung der Verschalung zeigt sich noch heute in der gleichmäßigen Struktur der Oberfläche. Im Äußeren wie im Inneren gehen weiche Rundungen und geschwungene Linien in rechtwinklige Formen und gerade Flächen über. Die Anlehnung an Motive aus dem Schiffsbau sind unverkennbar. Das Gebäude ist eine gelungene Verknüpfung von Kunst, Technik und Architektur.

Raumschiff oder besser U-Boot? Brutal-Futurismus oder Space-Brut. Symmetrien und klare Linienführungen werden durch ausladende und fliehende Diagonalen gebrochen. Kontroversen bilden runde Details. Erstaunlich, wie stringent und konsequent die Architekten hier mit jeder Fuge und Aussparung der Gesamtaussage teu bleiben durften.

Das Bauwerk ist ein herausragendes Beispiel für die Architektur der 1960/70er Jahre, das einen Platz im Denkmalschutz erhalten sollte.

Weitere Arbeiten des Architektenbüros Fehling und Gogel sind u. a. der Berlin-Pavillon an der Straße des 17. Juni und das Studentendorf Schlachtensee.


Text Jutta Goedicke, Fotos Philipp Bernstorf